Belichtungsfusion

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Enfuse bietet eine einfache Möglichkeit, aus verschieden belichteten Fotos eines Motivs mit einem hohen Kontrastumfang ein ansehnliches Bild zu erzeugen. Dabei wird keine Zwischenstufe in Form eines HDR-Bilds mit anschließendem Tonemapping generiert. Trotzdem erzeugt dieser vereinfachte Prozess oft bessere Resultate als die derzeitigen Tonemapping-Algorithmen.

Bevor die Bilder mit Enfuse verarbeitet werden können, müssen sie perfekt ausgerichtet sein. Für diese Aufgabe existiert ebenfalls ein Tool: Align_Image_Stack. Beide Tools sind Teil der Open-Source Panoramasoftware Hugin.

In einer Kathedrale mit Glasfenstern bei Sonnenschein.

Ein beinahe klassisches Motiv. 
Eingangsbilder: Belichtungsreihe -2 EV, 0 EV, +2 EV; Blendenvorwahl, ohne Stativ

Je nach Belichtung sind entweder feine Details im Fenster zu sehen - dafür aber keine im Innenraum, oder man sieht Details im Innenraum bei überstrahlten Fenstern. 

Ergebnis

(Kathedrale von Killarney)

HDR aus einem RAW-Bild

Gelegentlich gehen die Meinungen auseinander, ob es Sinn macht, aus einer einzigen Raw-Datei mehrere verschieden "belichtete", also unterschiedlich helle Einzelbilder zu erzeugen. Als Grund dagegen wird z.B. genannt, dass der gesamte Dynamikumfang eines 12bit oder 14bit Raw-Bilds ja in ein 16bit-Tiff-Bild überführt werden kann. Mag sein, bloß können die Monitore bzw. erst recht die Ausbelichtung auf Fotopapier noch nicht mal diese Dynamik wiedergeben. Natürlich kann man mit einem Bildbearbeitungsprogramm zu helle Bereiche manuell abdunkeln oder zu dunkle aufhellen. Oder man erzeugt 2 oder mehr Einzelbilder mit unterschiedlichen Helligkeiten und überlässt die Arbeit enfuse. Da sämtliche Eingangsbilder aus einer Aufnahme abgeleitet sind, sind sie bereits perfekt ausgerichtet; Align_Image_Stack ist nicht nötig.

Resultat bei "Standard"-Belichtungsautomatik: die Belichtung des Gebäudes passt, dafür hat der Himmel (fast) keine Zeichnung.

Im Raw-Konverter zwei Stufen "unterbelichtet": jetzt ist der Himmel in Ordnung, dafür ist das Gebäude zu dunkel.

Das Ergebnis

Es benötigt zwar ordentlich Rechenzeit, aber kaum manuelles Zutun ... 

Wie arbeitet Enfuse?

Die Grundidee besteht darin, die Pixel der einzelnen Bilder bezüglich

  • ordentlicher Belichtung
  • gutem Kontrast
  • hoher Sättigung

zu bewerten.

Das Ergebnis der Bewertung bestimmt, wie stark das einzelne Pixel zum Endergebnis beitragen wird. Die Verrechnung mit dem wohlklingenden Namen Burt & Adelson Multiresolution Spline Blender sorgt für unauffällige Übergänge, wenn benachbarte Pixel aus stark unterschiedlich belichteten Bildern in das Ergebnisbild einfließen sollen.

Das Belichtungskriterium bevorzugt Pixel, deren Helligkeit in der Mitte des Bereiches liegt. Diese Pixel gelten als besser belichtet als die am unteren oder oberen Ende der Belichtungsskala.

Das Sättigungskriterium bevorzugt stark gesättigte Pixel.

Das Kontrastkriterium schließlich bevorzugt Pixel mit hohem Kontrast zur Umgebung. Dabei wird die lokale Standardabweichung der Grau- bzw. Farbwerte verwendet. Das Mertens-Kautz-Van Reeth Paper, auf dessen Grundlagen Enfuse basiert, schlägt einen Laplace-Filter vor, aber die Verwendung der Standardabweichung erzeugt deutlich bessere Ergebnisse bei unterschiedlich fokussierten Bildern.

Man kann Enfuse vorgeben, wie stark die Kriterien einfließen sollen. Wird z.B. --wExposure = 1.0 und --wSaturation=0.5 gesetzt, wird Enfuse gut belichtete Pixel den Pixeln mit hohem Kontrast vorziehen. Der Einfluss dieser Parameter auf das Endergebnis ist nicht immer von vorneherein klar. Was besser ist oder nicht, unterliegt auch dem persönlichen (künstlerischen) Geschmack. Hier hilft nur, mit den Parametern zu spielen - ggf. mit kleineren Bildern, um Rechenzeit zu sparen, um dann die besten Parameter auf die Originalgröße anzuwenden.

Bitte beachten: es kommt auf das Verhältnis der Parameter an, nicht auf den Absolutwert. Wenn alle Kriterien zu 0.5 gesetzt werden, kommt dasselbe Ergebnis heraus wie wenn sie mit 1.0 angegeben werden. Wenn für ein Kriterium ein größerer Wert definiert wird wie für die anderen, wird dieses entsprechend stärker gewichtet.

Enfuse erwartet, das jedes Eingangsbild einen Alpha-Kanal enthält. Alpha-Werte = Null bewirken, dass diese Pixel beim Blenden nicht berücksichtigt werden. Alpha-Werte ungleich Null werden interpretiert: "diese Pixel sollen zum Endergebnis beitragen." Auf diese Art und Weise kann in einer vorgelagerten Bildbearbeitung sogar manuell in den Vorgang eingegriffen werden. Enthält ein Eingangsbild keinen Alpha-Kanal, wird Enfuse eine Warnung ausgeben und annehmen, dass alle Pixel gewertet werden sollen. 

Referenz: T. Mertens, J. Kautz and F. Van Reeth. "Exposure Fusion". Proceedings of Pacific Graphics 2007. 

Simulierte Langzeitbelichtung

Eine Urlaubssituation: Ein fotogener Wasserfall, aber kein Stativ dabei. Folgendes Bild wurde ebenfalls mit Enfuse erzeugt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Belichtungsfusion, sondern um um die Überlagerung mehrerer (hier 10) gleich belichteter Einzelaufnahmen.

Der optische Bildstabilisator ermöglichte gerade noch 1/13 sec, aber Enfuse erzeugt ein vergleichbares Resultat wie 0.75 sec.

Meer

Felsnadel bei den Klippen von Moher

gleiche Technik wie der obige Wasserfall.

weitere Beispiele

Bei den folgenden Beispielen ist der Effekt nicht sofort sichtbar -  aber das soll er ja auch nicht.

Belichtungsfusion von konventionellen Abzügen

Die folgenden drei Bilder sind gescannte Abzüge von einem Negativ - nur die Belichtungszeit in der Dunkelkammer wurde verändert. Als Film wurde der AGFAPAN 25 verwendet. Die Fotos zeigen den enormen Kopierumfang dieses Filmes - kein Fotopapier konnte das umsetzen. Auch hier kann man mit Enfuse ein ausgewogen belichtetes Bild erzeugen.

Zum Motiv: Das Foto entstand im Jahre 2000 in der Nähe von Kehlheim (Main-Donau-Kanal). Es zeigt die Rückseite eines VW-Schwimmwagens.

 

Eberhard Mollenkopf

Arbeiten mit Align_Image_Stack und Enfuse

Align_Image_Stack und Enfuse sind Kommandozeilenprogramme, d.h. sie bieten den Komfort und Charme aus der Anfangszeit der Computertechnik. Dies ist umso aufwendiger, da (zumindest bei der Windows-Version) keine Wildcards funktionieren, also jeder Bildname der Eingangsbilder in der Kommandozeile eingetippt werden muss.

Um mit den Kommandozeilentools zu arbeiten, kopiert man am besten nach der Hugin-Installation die beiden Dateien align_image_stack.exe und enfuse.exe aus dem Verzeichnis \Hugin\bin\ nach C:\windows\system32\ (Administratorrechte nötig).

Dann auf Windows → Start gehen und in das Feld "Programme/Dateien durchsuchen" cmd eingeben - es öffnet sich ein Kommandozeilenfenster. Anschließend sich zu den Bildern durchhangeln und die Tools starten. Wie üblich, zeigt die Option align_image_stack -h bzw. enfuse -h alle verfügbaren Funktionen an.

Details:
http://wiki.panotools.org/Align_image_stack
http://wiki.panotools.org/Enfuse

graphische Benutzeroberflächen

Lightroom und digiKam

Deutlich komfortabler arbeitet es sich natürlich mit graphischen Benutzeroberflächen. Für Besitzer von Adobe Lightroom gibt es als sog. Donationware (also gegen eine kleine Spende) das Plug-In LR/Enfuse. Damit lassen sich direkt in Lightroom die Eingangsbilder auswählen, ausrichten und überblenden. (Hinweis: da Align_Image_Stack sehr viel Rechenzeit benötigt, bleibt der Fortschrittsbalken beunruhigend lange auf einer Position stehen ...)

Schon länger für Linux und seit neuem auch für Windows gibt es ein Open-Source-Projekt, welches in dieselbe Richtung zielt wie Lightroom: digiKam. Hier muss man die beiden Programme align_image_stack.exe und enfuse.exe ebenfalls manuell in das richtige digiKam-Verzeichnis kopieren (\digiKam\KDE4-MSVC\bin\).

EnfuseGUI

EnfuseGUI
EnfuseGUI

Sehr einfach zu bedienen ist das Stand-Alone-Programm EnfuseGUI. Leider beschränkt sich das Programm auf Enfuse, d.h. es fehlt die Möglichkeit, Bilder mit Align_Image_Stack automatisch auszurichten.

Mac-Besitzer können mit ImageFuser beide Funktionen einfach nutzen.

weitere Informationen

Realistisches “HDR” mit Enfuse

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